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Nullpolarität

Geometrie 1 > Ellipsen auf dem Zylinder

Zusammenhang zwischen den Ellipsen auf einem Zylinder
und den orientierten Kreisen in der Ebene


Zum Begriff 'Nullpolarität' siehe das Kapitel 5 in
'Geraden und Gewinde im dreidimensionalen projektiv-metrischen Raum I'

https://www.vivat-geo.de/Pdf-Dateien/Geraden_und_Gewinde_I.pdf

Der Zusammenhang der Nullpolarität mit Zylinder-Ellipsen und orientierten
Kreisen in der Ebene wird unten auf dieser Seite erklärt.


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Die Animation am Anfang dieser Gleitschau zeigt eine Ellipse auf einem Zylinder mit dem Einheitskreis
um den Ursprung in der x-y-Ebene als Grundfläche und der z-Achse als Zylinder-Achse. Die
Ellipse ergibt sich als Schnittmenge einer Ebene mit der Zylinder-Oberfläche. Die tatsächlichen
Symmetrieachsen der Ellipse sind magentarot eingezeichnet. Auf der Hauptachse sind die beiden
Brennpunkte der Ellipse markiert. Die Achsen unterscheiden sich von den im Bild sichtbaren
Symmetrieachsen, da die Sehstrahlen vom Augenpunkt der Zentralprojektion die Ellipsenebene
im Allgemeinen nicht senkrecht treffen.

Die Animation stellt einen Zusammenhang zwischen der blauen Zylinder-Ellipse und dem
blau gezeichneten Kreis in der x-y-Ebene her, der als Zentralprojektions-Bild hier ebenfalls
ellipsenförmig erscheint. Dieser Zusammenhang wird 'Blaschke-Abbildung' genannt nach
Wilhelm Blaschke (1885-1962). Er zeigt sich in folgenden Schritten:

1. Jedem Punkt P der Zylinder-Ellipse wird ein Pfeil Pf(P) zugeordnet mit P als Endpunkt
und den Punkt auf der z-Achse als Anfangspunkt, der den gleichen z-Wert wie P hat.

2. Pf(P) wird parallel in den Punkt Pfxy(P) verschoben, der den Koordinaten-Ursprung als
Anfangspunkt hat.

3. Pf(P) wird links herum mit dem Drehwinkel 90° um Pfxy(P) gedreht. Wenn man sich vorstellt,
dass der Daumen der rechten Hand in Richtung von PFxy(P) zeigt, gibt die Orientierung der
Finger die Drehrichtung an. Der so gedrehte Pfeil Pfd(P) liegt in der xy-Ebene.

4. Die blauen Pfeile Pf(P), die zu den Haupt-Scheitelpunkten P der Ellipse gehören, führen zu
gedrehten Pfeilen Pfd(P), deren Anfangspunkte Antipoden eines Kreises sind. Dieser Kreis
ist das Bild der Zylinder-Ellipse bei der Blaschke-Abbildung. Alle Pfd-Pfeile liegen auf
Tangenten dieses Kreises. Der Kreis kann so orientiert werden, dass alle Pfeilrichtungen
dazu passen. Er wird dann auch als 'Zykel' bezeichnet. Die durch einen Pfeil Pfd(P) orientierte
Tangente sieht man als Bild des Ellipsen-Punktes P bei der Blaschke-Abbildung an. Sie wird
auch 'Speer' genannt. Wenn P ein Neben-Scheitelpunkt der Ellipse ist, hat der Anfangspunkt
des gedrehten Pfeils Pfd(P) von dem zugehörigen Tangenten-Berührpunkt einen Abstand, der
mit der Steigung der Hauptachse der Ellipse gegenüber der xy-Ebene übereinstimmt. Dies ist
auch der Abstand zwischen der Mitte der Ellipse und ihren Brennpunkten, also die numerische
Exzentrizität . Dabei sind a und b die Halbachsen-Längen der Ellipse. Wenn die
Tangente zu einem Pfeil Pfd(P) mit der Tangente eines blauen Pfd-Pfeils, der einem Haupt-
Scheitelpunkt zugeordnet ist, den Winkel zwischen 0° und 180° einschließt, dann hat sein
Anfangspunkt von dem zugehörigen Tangenten-Berührpunkt den Abstand .





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Die beiden vorangehenden Animationen zeigen einen Zusammenhang zwischen der blauen
und der roten Geraden mit jeweils vertauschten Rollen. In der ersten Animation wird die
Ebene der blauen Zylinder-Ellipse um die blaue Gerade Gb gedreht, in der zweiten wird die
Ebene der roten Zylinder-Ellipse um die rote Gerade Gr gedreht. Diese beiden Geraden sind
in beiden Animationen gleich.

Zu den Ellipsen wurden jeweils die zugeordneten Zykel bei der Blaschke-Abbildung gezeichnet.
Auf den Zykel als Grundfläche wurde ein Kegel gesetzt, dessen Böschungslinien mit der xy-Ebene
einen Winkel der Größe 45° einschließen. Der Abstand der Spitze des Kegels von der xy-Ebene
stimmt also mit dem Zykel-Radius überein. Je nachdem der Zykel links- oder rechts herum orientiert
ist, wird der Kegel oben oder unten an die xy-Ebene angesetzt. Wenn die Ellipsen-Ebene um Gb
gedreht wird, durchläuft die Kegelspitze Gr, wenn sie um Gr gedreht wird, ist Gb der geometrische
Ort der Kegelspitzen. Wir nennen Gb und Gr zueinander 'nullpolar'.

Die Zuordnung der Kegelspitzen zu den Zykeln wird als 'zyklografische Abbildung' bezeichnet. Die
Hintereinanderschaltung der Blaschke-Abbildung und der zyklografischen Abbildung bildet also
die Zylinder-Ellipsen auf Punkte des dreidimensionalen Raums ab, und zwar so, dass drei Zylinder-
Ellipsen mit zwei gemeinsamen Punkten kollineare Bildpunkte haben, die also gemeinsam auf einer
Geraden liegen. Die beiden gemeinsamen Punkte Pg und Po sind in den Animationen hellgrün und
orange markiert. Die beiden zugehörigen Bild-Speere der Blaschke-Abbildung haben die gleiche
Farbe. Sie sind Tangenten aller Bild-Zykeln der Blaschke-Abbildung von Zylinder-Ellipsen durch
Pg und Po. Im Schnittpunkt Z der Bild-Speere von Pg und Po ist der Bildzykel zu einem Kreis vom
Radius Null geschrumpft, der 'Null-Kreis' genannt wird und keine Orientierung hat. Dieser Null-Kreis
ist Bild der Zylinder-Ellipse, deren Ebene durch Pg, Po und den Koordinaten-Ursprung geht. Z ist
der Schnittpunkt der xy-Ebene mit der Geraden, die zu der Geraden durch Pg und Po nullpolar ist.

Bei einem der Stops in den beiden voranstehenden Animationen ist die Kegelspitze durch hellblaue
Strecken mit Punkten der zugehörigen Zylinder-Ellipse verbunden. Diese Strecken liegen alle in der
Ebene dieser Ellipse. Das bedeutet, dass auch die Kegelspitze selbst in dieser Ebene liegt. Das gilt
für alle Zylinder-Ellipsen. Die Kegelspitze ist also stets der Schnittpunkt der Ellipsen-Ebene mit der
Geraden, die zu der Geraden durch Pg und Po nullpolar ist.

Die Kegelspitze, die Zykel-Mitte, der Koordinatenursprung und die Mitte der Zylinder-Ellipse
bilden ein Rechteck, das in den Animationen magentarot markiert ist. Die Länge der Rechteck-Seiten
parallel zur z-Achse stimmt mit dem Zykel-Radius überein und die Länge der andern beiden Seiten
mit der Steigung der Ellipsen-Hauptachse gegenüber der xy-Ebene und der numerischen Exzentrizität
der Ellipse.







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Diese Animation unterscheidet sich von den vorangehenden beiden dadurch, dass die zueinander
nullpolaren Geraden Gb und Gr (blau und rot) den Zylinder nicht treffen. Darum gibt es hier
nicht mehr den hellgrünen und den orangefarbenen Speer tangential zu allen gezeichneten Zykeln.
Dennoch bleibt der geometrische Zusammenhang zwischen Gb und Gr bestehen. Dieser Umstand
macht es naheliegend, die oben betrachtete Hintereinanderschaltung der Blaschke-Abbildung und
der zyklografischen Projektion zu modifizieren, indem wir ihr die Abbildung vorschalten, die den
Ebenen, welche den Zylinder schneiden, die zugehörige Schnitt-Ellipse zuordnen. Die Abbildung
von der Menge dieser Ebenen auf die Menge der Raum-Punkte bezeichnen wir mit . Sie ist
eine 'Nullpolarität', weil sie drei Ebenen mit einer gemeinsamen Geraden in drei kollineare Punkte
abbildet und weil jede Ebene durch ihren Bildpunkt geht. (Man stellt sich manchmal den Bildpunkt
als Nullpunkt eines lokalen Koordinatensystems der Ebene vor.)

Zu jeder Ellipsen-Ebene E, welche den Zylinder trifft, gibt es reelle Zahlen a, b und d, so dass genau
die Punkte P(x;y;z) auf E liegen für die gilt. Die Vorzahl von z muss dann
nämlich ungleich Null sein und durch Teilung der Ebenengleichung mit dieser Vorzahl kann man die
Vorzahl von z zu 1 machen. Wie in der projektiven Geometrie üblich beschreiben wir die Ebene E
durch das Quadrupel [a;b;1;d] und die Punkte P des dreidimensionalen affinen Raums durch ein
Quadrupel (x;y;z;1). P inzidiert also mit E genau dann, wenn das innere Produkt
gleich Null ist.

In dieser Schreibweise hat die Nullpolarität eine einfache Koordinaten-Darstellung, nämlich
für Ebenen [a;b;1;d].
Wenn ein Punkt (x;y;z;1) eindeutiger Schnittpunkt dreier Ebenen von Zylinder-Ellipsen ist, dann
spannen die drei Bildpunkte bei der Nullpolarität die Ebene [y;-x;1:-z] auf. Die Zuordnung
für Punkte (x;y;z;1)
erweitert darum zu einer inzidenz-erhaltenden Abbildung für diese Ebenen und diese Punkte,
denn aus folgt
.

Wenn P(x;y;z;1) ein Punkt des Zylinders ist, also gilt, dann schneidet die Bildebene
[y;-x;1;-z] die xy-Ebene unter einem Winkel von 45°. Dabei liegt der Bild-Speer von P bei der
Blaschke-Abbildung auf der Schnittgeraden der beiden Ebenen. Die beiden Halbebenen auf der
relaltiv zur Speer-Richtung linken Seite des Speers schließen den Winkel von 45° ein.

Wenn P(x;y;z;1) ein Punkt im Innern des Zylinders ist, also gilt, dann schneidet die
Bildebene [y;-x;1;-z] die xy-Ebene unter einem Winkel kleiner als 45°. In dieser Ebene liegt das
Nullpolatitäts-Bild jeder Geraden durch den Ursprung und P (nur für x = y = z = 0 sind dies mehrere).

Wegen der 1 als dritter Komponente von [y;-x;1;-z] , ist keine Bildebene parallel zur z-Achse.
Darum schneiden alle Bildebenen den Zylinder in einer Ellipse.

Wir schreiben zur Bezeichnung eines Bilds bei der Nullpolarität das Zeichen hinter das Quadrupel der
Urbilds. Man errechnet
und , was die Inzidenz
von Bild und Urbild zeigt. Die entsprechenden Gleichungen gelten auch dann, wenn man wie üblich in der
projektiven Geometrie Quadrupel identifiziert (also als gleichbedeutend ansieht), deren Komponenten sich
nur in einem Faktor unterscheiden, der bei allen vier Komponenten gleich ist.

Aus dieser Koordinaten-Darstellung von für Ebenen und Punkte folgt eine ähnlich einfache Darstellung
für die Abbildung der Geraden, bei der also Gb auf Gr und Gr auf Gb abgebildet wird. Dies gilt zumindest
dann, wenn man die auf Ideen von August Möbius (1790-1868) und Hermann Graßmann (1809-1877)
basierenden Plücker-Koordinaten für die Raum-Geraden benutzt. Dabei beschreiben wir eine Gerade g durch
ein Paar (u;v) zweier Tripel mit reellen Zahlen. u ist ein Richtungsvektor der Geraden. Wenn die Gerade
durch den Ursprung geht, ist v der Nullvektor. Andernfalls ist v der Vektor des Drehmoments bezüglich
des Ursprungs zu einer Kraft, die durch den Vektor u mit einem Angriffspunkt auf g gegeben ist. Dann ist v
der Normalenvektor der Ursprungsebene durch g, dessen Länge das Produkt des Abstands des Ursprungs
von g mit der Länge von u ist. (Siehe dazu den Pdf-Text, der unter der Überschrift dieser Seite angegeben ist.)
Bei Benutzung dieses Tripel-Paars in Plücker-Koordinaten bewirkt folgende Abbildung für Geraden (u;v):

Die dritten Komponenten der beiden Tripel werden also einfach vertauscht.

Tripelpaare (u;v) und mit beschreiben die gleiche Gerade.

Wenn (u;v) zu einer Ursprungsgeraden gehört, ist das Bild bei der Nullpolarität die Gerade
, denn v ist dann das Tripel aus drei Nullen. Indem man dieses Tripel-Paar
eventuell durch teilt, kann man erreichen, dass ist und der Punkt
darum auf dem Zylinder liegt. Auf der Geraden liegt dann der Bild-Speer dieses
Punktes bei der Blaschke-Abbildung, denn beschreibt dann den Vektor, der bei der Blaschke-
Abbildung gedreht wird und gibt den signierten Abstand des Speers vom Ursprung an.

In dem oben angegebenen Pdf-Text ist die Abbildung , wobei das Tripelpaar
((0;0;-1);(0;0;1)) nicht zu einer Geraden gehört, sondern zu einem 'Gewinde', denn anders
als bei Geraden-Tripelpaaren ist das innere Produkt der beiden Tripel nicht gleich Null.

Die Koordinaten-Darstellung von kann bei Inzidenz-Erhaltung in eindeutiger Weise auf alle Ebenen,
Punkte und Geraden der projektiven Raums fortgesetzt werden, also auch auf die unendlich fernen
Elemente. Man ersetzt dazu die 1 in den Quadrupeln [a;b;1;d] bzw. (x;y;z;1) durch eine Variable c
bzw. w , die auch Null sein kann. wird dann zu der Abbildung
für Ebenen [a,b;c;d],
für Punkte (a;b;c;w) und
für Geraden (u;v).
Dabei ist zu bedenken, dass sich bei Multiplikation dieser Tupel mit einer reellen
Zahl ungleich Null die damit bezeichneten geometrischen Objekte nicht ändern.
Die Ebenen [a;b;0;d] parallel zur z-Achse werden durch die Nullpolarität auf
die unendlich fernen Punkte (-b;a;-d;0) abgebildet.

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