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Brunn 1

Geometrie 2 > Addition von Figuren

Der Satz von Brunn-Minkowski 1

Der Satz von Brunn-Minkowski geht auf die Dissertation von Hermann Brunn (1862-1939) im Jahr
1887 zurück. Er macht eine Aussage über den gemischten Flächeninhalt zweier konvexer Mengen, aus
der zum Beispiel folgt, dass der Kreis unter allen Flächen mit gegebener Umfangslänge den größten
Flächeninhalt hat (isoperimetrische Ungleichung). Der Satz besagt:

Das Produkt des Inhalts zweier konvexer Flächen ist nie größer als das Quadrat ihres gemischter Inhalts.

Wir erklären hier diesen Satz auf der Grundlage von Drehpunktfunktionen. Er lautet dann:

Für zwei monoton wachsende Drehpunktfunktionen f und g ist stets .

Die Ungleichung ähnelt formal der Ungleichung, die es zwischen den Skalarprodukt zweier Vektoren
u und v und ihre Längenprodukt gibt, nämlich oder
quadriert (Cauchy-Schwarz-Ungleichung). Hier hat das Ungleichungszeichen jedoch
eine andere Richtung.

Der unten angegebene Beweis für den Satz von Brunn-Minkowski beruht auf folgendem

Satz: h sei eine 1-geschlossene Drehpunktfunktion, also eine Funktion vom Intervall in
mit beschränkter Variation, für die ist. Sei . g sei die Funktion
mit dem gleichen Definitionsbereich wie h und . Dann ist die
Umfangslänge , der Flächeninhalt und der gemischte Flächeninhalt .
A(f) = 0 ist nur dann möglich, wenn f konstant Null ist.
(Der Kreis , der die Drehpunktkurve von g darstellt, hat also die gleiche Umfangslänge wie die
Drehpunktkurve von h, der Flächeninhalt der Drehpunktkurve von f ist nicht positiv und
und sind zueinander orthogonal in dem auf der Seite ' orthogonale Figuren 1' erklärten Sinn.)

Beweis: Wegen ist . f ist darum periodisch fortsetzbar. Nach
dem Theorem für Fourier-Reihen von Peter Dirichlet (1805-1859) ist f durch eine Fourier-Reihe in der
Form mit von f abhängigen Konstanten und darstellbar,
(falls an jeder Sprungstelle der Funktionswert von f die Mitte zwischen dem linksseitigen und dem
rechtsseitigen Grenzwert angibt). Aus folgt dann und . Für
Drehpunktfunktionen p und q berechnet man den gemischten Flächeninhalt A(p ; q) durch das Integral
(siehe die Erklärung auf der Seite ' orthogonale Figuren 1').
Für und ergibt sich: für alle Kombinationen von
j und k. Wenn man q durch oder p durch ersetzt, gilt
nur für verschiedene Zahlen j und k. Dagegen ist und
für alle j und k. Wegen der Bilinearität von A ist darum .
Wenn A(f) = 0 ist, müssen alle Koeffizienten und in der Fourier-Reihe von f gleich Null sein.
folgt aus .


Aus dem Satz ergibt sich insbesondere: Aus folgt . Die Umfangslänge Null kann also
bei Drehpunktkurven mit positivem Flächeninhalt nicht vorkommen.


Die folgende Gleitschau zeigt Beispiele für die in dem Satz genannte orthogonale Zerlegung von h in f und g.


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Bild 1 der Gleitschau zeigt die orthogonale Zerlegung der blauen Ellipse in den grünen Kreis und die rote
Kurve. Diese hat einen negativen Flächeninhalt (ausgedrückt durch die Magenta-Färbung im Innern) und
die Umfangslänge Null, da die vier Bögen zwischen den Spitzen zwar alle den gleichen Längen-Betrag
haben, aber die beiden seitlichen Bogenlängen mit einem Minus-Zeichen versehen werden. Die Ellipse
hat die Halbachsenlängen 1 und 0,5, so dass der Flächeninhalt beträgt. Die Umfangslänge ist
. Der Radius des Kreises ergibt sich daraus durch Division mit , da die
Umfangslängen von Kreis und Ellipse gleich sind. (Zur Ellipse siehe auch die Seite ' Evolute-Evolvente'.)

Der Drehfunktionsterm der Ellipse hat die Form mit d = -3. In den
Bildern 2 bis 4 der Gleitschau wurde der Faktor 2 des Kosinus-Terms im Nenner durch 3, 4 bzw. 5
ersetzt bei unverändertem d. Es entstehen Drehpunktkurven mit gleicher Umfangslänge wie bei der
Ellipse, jedoch mit Formen, deren Grundmuster das regüläre Polygon mit 3, 4 bzw. 5 Ecken ist. Die
Bilder 5 bis 8 entsprechen den Bildern 1 bis 4 mit d = -99 an Stelle von d = -3. Die Umfangslänge
kann man hier durch berechnen, was für d = -99 ungefähr 4,064 ergibt. Die
Ellipse in Bild 5 hat die Halbmesser 1 und , für d = -99 also 0,1.

Das Bild 9 sieht wie eine Ellipse aus, ist es aber nicht. Die Bilder 12 bis 17 zeigen mit der blauen Kurve
Formen konvexer Flächen, die sich an regülären Polygonen oder der Addition von zwei dieser
Polygone orientieren, wobei Drehpunktfunktionen mit der Form
kombiniert werden. Die Bilder 18 bis 25 zeigen Entsprechendes mit Hilfe der Approximation durch
Fourier-Reihen.

Satz von Brunn-Minkowski : f und g seien Drehpunktfunktionen zu konvexen Flächen. Für den
gemischten Flächeninhalt A(f ; g) und Flächeninhalte A(f) und A(g) ist dann .
Dabei gilt das Gleichheitszeichen genau dann, wenn es ein Zahl gibt mit .

Beweis : Wegen der Konvexität der Flächen sind f und g monoton. Sie können als monoton
wachsend vorausgesetzt werden, weil ein Vorzeichenwechsel bei f oder g an der Ungleichung
nichts ändert. Da in der Definition von A(f ; g) die Funktionswerte von
f und g nur im Integrator eingehen, also nur mit Differenzen von Funktionswerten, kann f(0) = g(0) = 0
vorausgesetzt werden. Nach dem oben gezeigten Satz gibt es darum Funktionen und mit
, wobei zu einem Kreis vom Radius r gehört und und
ist. Entsprechendes gilt für g. Da auch zu einem Kreis gehört, gibt es
eine Zahl mit . Auf die Funktion ist der oben genannte Satz
ebenfalls anwendbar, wobei konstant Null ist und . Man errechnet dann:


Dies ist größergleich Null, da f zu einer konvexen Fläche gehört und darum A(f ; f) positiv ist. Der Wert
Null ist darum auch nur möglich, wenn h konstant Null ist.


Die wichtigste Anwendung der Ungleichung von Brunn-Minkowski ist die Lösung des isoperimetrischen
Problems, das schon im Altertum formuliert wurde (Problem der Königin Dido von Karthago):

Welche Kurve umschließt bei gegebener Umfangslänge die größte Fläche ?

Mit der Ungleichung löst man das Problem folgendermaßen: Man kann sich auf die Untersuchung
konvexer Flächen beschränken, da die konvexe Hülle einer Fläche keine größere Umfangslänge
und keinen kleineren Flächeninhalt hat. Wenn f Drehpunktfunktion einer konvexen Fläche ist und die
identische Abbildung Drehpunktfunktion des Einheitskreises, dann ist , wobei
r der Radius des Kreises ist, der die gleiche Umfangslänge wie die zu f gehörige Drehpunktkurve hat.
Es folgt und
, also .
Die gesuchte Fläche ist also der Kreis mit der Umfangslänge L(f).




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