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orthogonale Figuren 1

Geometrie 2 > Addition von Figuren

Orthogonale Drehpunktkurven

Den signierten Inhalt der Fläche, die von der p-geschlossenen Drehpunktkurve zur Drehpunktfunktion f
eingeschlossen wird, bezeichnen wir mit A(f). Im Fall p = 1 und einer monoton wachsenden Funktion f ist
diese Fläche konvex (enthält also mit zwei Punkten stets deren Verbindungsstrecke), und durch die Kurve
wird die Fläche gegen den Uhrzeigersinn umlaufen. Dann ist A(f) positiv, beschreibt also den
Flächeninhalt im üblichen Sinne. Im Fall einer monoton fallenden Funktion f ist die Fläche ebenfalls konvex,
aber die Kurve umläuft sie im Uhrzeigersinn. Dann ist A(f) das Produkt des Flächeninhalts im üblichen Sinn
mit -1. Bei einer nicht monotonen Drehpunktfunktion können Doppelpunkte vorkommen, in denen sich die
Drehpunktkurve also selbst schneidet, wie z. B. bei einer '8'. Dann wird ein Teil der eingeschlossenen Fläche
links herum und ein anderer rechts herum umlaufen und bei der Berechnung des signierten Flächeninhalts
A(f) der zweite Flächeninhalt (im üblichen Sinne) von dem ersten abgezogen. Wenn beim Durchlaufen der
Drehpunktkurve ein Flächenteil n-mal umlaufen wird, multipliziert man den Inhalt (im üblichen Sinn) dieses
Teils mit n. Dabei ist n eine möglicherweise negative ganze Zahl. n kann auch Null sein, wenn es um Punkte
genau so viele vollständige Umläufe links herum wie rechts herum gibt. n wird 'Index' dieser Punkte genannt.
In den folgenden Animationen sind die Flächenteile mit positivem (negativem) Index grün (magentafarben)
gezeichnet. Dabei ist der Farbton dunkler, wenn der Betrag vom Index größer ist.

Wir nennen p-geschlossene Drehpunktkurven zu den Drehpunktfunktionen f und g 'orthogonal', wenn der
Inhalt A(f+g) ihrer Summe mit der Summe A(f) + A(g) übereinstimmt. Es addieren sich dann also nicht nur die
signierten Umfangslängen dieser Kurven, sondern auch die zugehörigen signierten Flächeninhalte. Das ist nur
möglich, wenn man bei der Definition von Längen und Inhalten negative Werte zulässt und darum auch der
Wert Null bei Umfangslängen und Flächeninhalten vorkommen kann.


Die Begründung für die Wahl des Begriffs 'orthogonal' ergibt sich aus dem Zusammenhang mit einer
symmetrischen Bilinearform, die dem bei der Orthogonalität von Geraden entspricht. Dies wird unten erklärt.


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Die Animation zeigt die Bestimmung der signierten Flächeninhalte zu den 1-geschlossenen Drehpunktkurven
der Drehpunktfunktionen und
und deren Summe h. Die rote Kurve zu f ist eine Astroide. Die grüne Kurve zu g ist die Spitzenevolvente der
Steiner-Zykloide. Sie hat die Eigenschaft, dass die parallelen Tangenten zu den Richtungswinkeln und
für alle den gleichen Abstand haben. Sie ist also ein Gleichdick (4-Phil). Die rote und die grüne Kurve sind
orthogonal zueinander.

Beginnend beim Startpunkt S auf der Kurve umläuft der mit dem Pfeil markierte Punkt P die Kurve so, dass
der Richtungswinkel der Tangente in P gleichmäßig wächst. Die Verbindungstrecke SP schließt dabei mit
dem schon durchlaufenen Teil der Drehpunktkurve eine Fläche ein, die farbig markiert ist und deren signierte
Flächeninhalte , und unten rechts ausgegeben wird (dort kurz mit
bezeichnet). Links daneben steht die signierte Länge , bzw. des jeweils
durchlaufenen Teils der Drehpunktkurve. Die Summe dieser Längen für f und g stimmt stets mit der von h
überein. Für die Summen der signierten Flächeninhalte gilt dies aber im Allgemeinen nicht. Erst wenn der
Punkt P für nach einem ganzen Umlauf den Startpunkt S wieder erreicht und die markierte Fläche
den signierten Inhalt A(f), A(g) bzw. A(h) hat, stimmt die Summe der Werte für f und g mit dem für h überein.
Darum sind die Drehpunktkurven von f und g orthogonal zueinander. Der schwarz angezeigte Wert
wird durch den Term berechnet.

In der Animation sind die Strecken vom Startpunkt S zum Fußpunkt des Lots auf die Tangente zum
Richtungswinkel farbig eingezeichnet. Ihre signierte Länge sei z.B. für f mit bezeichnet. Sie ist
positiv (negativ), wenn der Startpunkt links (rechts) von der gerichteten Tangente liegt und wird dann
hellgrün (magentafarben) gezeichnet. wird auch 'Stützfunktion' genannt. Da sich ein Punkt
der Drehpunktkurve von h durch dieVektorsumme berechnen lässt, gilt
für alle Richtungswinkel . Falls S im Ursprung des Koordinatensystems
liegt, ist . Wenn man die Tangente in um den Winkel um S dreht, ändert
sich der signierte Abstand von S nicht und die gedrehte Gerade verläuft parallel zur Rechtsachse. Darum ist
der mit -1 multiplizierte Imaginärteil von , also gleich
.

Wenn der Punkt P auf der Drehpunktkurve zu f sich vom Ort zum benachbarten Ort
weiterbewegt, ist die zurückgelegte signierte Weglänge näherungsweise. Dieser
Wert ist negativ genau dann, wenn sich P dabei gegen die Pfeilrichung bewegt. ist
darum näherungsweise der signierte Inhalt eines schmalen Dreiecks mit der Spitze in S, der Basislänge
und der signierten Höhe , also . Nach einer Summation derartiger Dreiecksinhalte
und anschließendem Grenzübergang ergibt sich für den signierten Flächeninhalt zu einer
1-geschlossene Drehpunktfunktion f die Formel .

Für eine differenzierbare Funktion ist dies das riemannsche Integral .

Um die Abhängigkeit des Terms für A(f) von der oberen Integral-Grenze zu vermeiden, machen
wir unter Verwendung des Betrags folgende Umformung: Wegen ist

.
Darum ist
und folglich
.

Für h berechnet man

.
Dabei stimmen die beiden mittleren Summanden überein, da die Integrationsvariablen vertauscht werden
können. Die Gleichung ist der Anlass für die folgende Definition eines 'gemischten Flächeninhalts', kurz
'Mix-Inhalt': .
Dann ist und .
A ist also eine symmetrische Bilinearform für Drehpunktfunktionen.

Der Begiff 'gemischten Flächeninhalt' geht für konvexe Mengen auf eine Dissertation von
Hermann Brunn (1862-1939) zurück. In der Animation ist mit bezeichnet.

Die Drehpunktkurven zu f und g sind genau dann orthogonal, wenn A(f ; g) = 0 ist. Darin ist die
Verwendung des Begriffs 'orthogonal' begründet. Denn in der euklidischen Geometrie (und auch in
der nicht-euklidischen) wird die Orthogonalität von Geraden mit Hilfe einer symmetrischen Bilinearform
definiert, dort allerdings mit einer Bilinearform für Zahlen-Tripel statt für reellwertige Funktionen auf
einem Intervall reeller Zahlen.


Für oder und oder
errechnet man , unter der Voraussetzung dass j und k ganze Zahlen ungleich 0, 1 und -1
sind, die nicht den gleichen Betrag haben. Die zugehörigen Drehpunktkurven sind dann also orthogonal.
Unter der gleichen Voraussetzung für k ist .
Die Drehpunktkurve zur identischen Abbildung (also der Einheitskreis) ist orthogonal zu allen
Drehpunktkurven dieser trigonometrischen Funktionen. Wegen der Bilinearität von A gilt Entsprechendes
auch für Linearkombinationen.

In dem vorangehenden Text wurden nur p-geschlossene Drehpunktkurven für p = 1 betrachtet. Die
Definition der symmetrischen Bilinearform A(f , g) lässt sich für beliebige natürliche Zahlen p übertragen:

Für oder und oder
gilt dann falls j und k ganze Zahlen ungleich 0, p und -p sind, die nicht den gleichen Betrag
haben. Außerdem ist


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Die drei Perioden der Animation zeigen die Flächenbestimmung bei Drehpunktfunktionen f und g,
deren 1-geschlossene Drehpunktkurven orthogonal sind und die sich als Linearkombinationen der
Funktionen vom Typ mit ganzzahligem k > 1 und der identischen Abbildung
ergeben. Bei f ist dabei k ein ganzzahliges Vielfaches von 3, und bei g ist k ein ganzzahliges Vielfaches
von 4. Die Drehpunktkurven von f und g sind orthogonal, weil 3 und 4 teilerfremd sind und nur g einen
linearen Term als Summand enthält, f aber nicht.

Die Anzahl der Sinus-Terme ist in der ersten Periode 2, in der zweiten 6 und in der dritten 100.
In der dritten Periode ist und .
Es zeigt sich, dass sich die Drehpunktkurve zu g immer mehr einem Quadrat mit der Seitenlänge
annähert. Dies bedeutet für die Drehpunktfunktion g, dass sie sich der treppenförmigen Funktion

annähert. f approximiert die Sägezahnfunktion
.
Die zugehörige Drehpunktkurve setzt sich aus drei 120°-Kreisbögen zum Radius 1,5 zusammen,
die in den Endpunkten durch tangentiale Strecken verbunden werden, deren Länge mit der Länge
der Kreisbögen übereinstimmt. Diese Kurve ist die Differenz eines gleichseitigen Dreiecks mit der
Seitenlänge und eines Kreises vom Radius 1,5, der die gleiche Umfangslänge wie das Dreieck hat.
Die Umfangslänge dieser Differenz muss folglich Null sein.

Die blaue Kurve setzt sich wie die rote aus Strecken und Kreisbögen zusammen.


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